Blutdrucksenker bei Senioren: Achtung vor erhöhtem Knochenbruch-Risiko 

einem Senior wird schwindelig
Schütze deine Knochen: Blutdrucksenker und ihre Risiken für Senioren

Wenn ältere Menschen neu mit der Einnahme von Blutdrucksenkern beginnen, steigt die Wahrscheinlichkeit von Stürzen. Dies gilt auch, wenn die Behandlung intensiviert wird. 

Seit vielen Jahren diskutieren Ärzte darüber, welche Blutdruckwerte am gesündesten sind. Die amerikanischen Richtlinien sind strenger als die europäischen und empfehlen, den Bluthochdruck möglichst auf Werte unter 130/80 zu senken, unabhängig vom Alter. Denn ein niedrigerer Blutdruck geht mit einem geringeren Risiko für Schlaganfälle, Herzinfarkte und Todesfälle einher. 

Diese Zielwerte können oft nur durch die Einnahme eines oder mehrerer Blutdrucksenker erreicht werden. Die Kehrseite: Bei älteren Menschen in Pflegeheimen verdoppelte sich die Anzahl der Knochenbrüche, wenn sie erstmals einen Blutdrucksenker einnahmen oder wenn ihre bestehende Behandlung gegen Bluthochdruck mit einem zusätzlichen Wirkstoff verstärkt wurde. 

Eine Untersuchung mit Daten von etwa 13.000 Männern (und einigen hundert Frauen) wurde durchgeführt. Alle Teilnehmer waren ehemalige Militärangehörige, die in Einrichtungen der «Veterans Health Administration» lebten. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal «Jama Internal Medicine» veröffentlicht. Es konnte nicht nachgewiesen werden, dass Blutdrucksenker die Ursache sind, aber es ist deutlich erkennbar, dass neue oder intensivierte Behandlungen damit einhergehen, dass mehr Knochenbrüche auftreten. 

Meist sind Stürze für die Knochenbrüche verantwortlich und Blutdrucksenker könnten daran beteiligt sein. 

Ohnmachtsanfälle, Stürze, Knochenbrüche

Beim schnellen Aufstehen oder langen Stehen kann der Blutdruck, auch ohne Behandlung, zu niedrig sein, was dazu führen kann, dass das Gehirn vorübergehend nicht ausreichend mit Blut versorgt wird. Blutdrucksenker können dies verstärken. Mögliche Folgen sind Schwindel, Ohnmacht, Stürze, Knochenbrüche und dadurch Krankenhausaufenthalte, erhöhter Pflegebedarf oder sogar Tod. Das Risiko von Stürzen wird verstärkt, wenn die Patienten zu wenig trinken, bei heißem Wetter oder Flüssigkeitsverlust durch Durchfall besteht. 

Von den Teilnehmern der Studie, die neu mit Blutdrucksenkern behandelt wurden oder intensivere Behandlungen erhielten, stürzten im folgenden Monat 246 Personen schwer, 135-mal kam es zu Ohnmachtsanfällen und 46 Menschen brachen sich die Hüfte, das Becken oder den Arm. Das Durchschnittsalter betrug 78 Jahre. 

In der Gruppe der behandelten Personen kam es statistisch gesehen bei 5 von 100 Personen zu Knochenbrüchen (hochgerechnet auf ein Jahr). Im Vergleich dazu war dies in einer Gruppe von Senioren, die ihre bisherige Behandlung beibehielten, nur bei 2 von 100 Personen der Fall. Angesichts der großen Anzahl an Menschen, die jedes Jahr neu mit einem oder mehreren Blutdrucksenkern behandelt werden, ist dieser Anstieg signifikant. 

Das höchste Sturzrisiko bestand in den ersten 30 Tagen bei den Studienteilnehmern. Besonders gefährdet waren Personen mit Demenz sowie solche, die neu mit einem Blutdrucksenker begannen oder bei denen der untere Blutdruckwert anfangs bei 80 oder höher lag. In einem Kommentar zur Studie empfehlen zwei US-Ärzte ihren Kollegen, mit der niedrigsten verfügbaren Dosis des Blutdrucksenkers zu beginnen. 

Der obere Blutdruckwert lag zu Beginn der Studie durchschnittlich bei 136 und der untere Wert bei 73. Viele Teilnehmer nahmen neben den Blutdrucksenkern auch starke Schmerzmittel, Beruhigungsmittel oder Schlafmittel ein, was ebenfalls das Sturzrisiko erhöhte. 

Ein Leser weist darauf hin, dass Blutdruckmessungen in Seniorenheimen oft nicht korrekt durchgeführt werden. Die Patienten ruhten vorher meist nicht mindestens fünf Minuten ruhig. Dies führte dazu, dass der Blutdruck fälschlicherweise als zu hoch eingeschätzt wurde und diese Personen unnötigerweise mit Blutdrucksenkern behandelt wurden. 

Tipp: Blutdruck auch im Stehen messen  

Um das Risiko von Stürzen zu minimieren, empfiehlt der Experte für Alterspharmakologie, Professor Martin Wehling, in seinem Buch „Arzneitherapie für Ältere“, den Blutdruck bei älteren Menschen nicht nur im Sitzen, sondern auch im Stehen zu überprüfen. Er schlägt vor, einen Test durchzuführen: Zuerst den Blutdruck im Sitzen messen, dann aufstehen und sofort erneut messen. Wenn der obere Blutdruckwert im Stehen unter 100 liegt oder mehr als 20 Punkte niedriger ist als im Sitzen, sollte die Dosis des Blutdrucksenkers reduziert werden. Wehling empfiehlt zudem, den Blutdruck langsam auf den Zielwert einzustellen und sich dafür bis zu einem halben Jahr Zeit zu lassen.